«Es braucht einen Mentalitätswechsel» – Fünf Fragen an den SFL-CEO Claudius Schäfer
Im März 2025 wurde SFL-CEO Claudius Schäfer zum Präsidenten der European Leagues gewählt. Im Interview spricht er über die Rolle der Schweiz im europäischen Fussball, über Innovation, Mentalitätswechsel und die Herausforderungen der kommenden Saison.
Im März 2025 wurdest du zum Präsidenten der European Leagues gewählt. Welchen Stellenwert hat die SFL im europäischen Fussball?
Die SFL als mittelgrosse Liga ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der European Leagues. Dank unserer Mehrsprachigkeit, den unterschiedlichen Kulturen und der hohen Innovationskraft nimmt die Schweiz eine verbindende und durchaus auch mutige Rolle ein. Wir sind zwar keine «Big Five»-Liga, aber im Denken und Handeln sehr fortschrittlich. So waren wir beispielsweise das erste Land, das mit tv.sfl.ch eine eigene OTT-Plattform lanciert hat – und inzwischen kommen andere Ligen auf uns zu, um von unseren Erfahrungen zu lernen.
Die Schweiz liegt im UEFA-Ranking 2025 auf Rang 17. Wo siehst du Handlungsbedarf oder Potenziale, um diese Position zu verbessern?
Das Ranking ist und war schon immer volatil. Ziel muss es aber sein, uns auf einem höheren Rang zu stabilisieren. Dafür müssen alle am gleichen Strick ziehen. Das beginnt damit, dass unsere Klubs den europäischen Wettbewerben einen hohen Stellenwert beimessen. Wir als Liga unterstützen, wo wir können – etwa, indem wir zwischen entscheidenden europäischen Play-off-Spielen spielfreie Wochenenden ermöglichen. Entscheidend ist aber auch, dass wir unsere Schweizer Talente stärken, indem die Klubs ihnen in den nationalen Ligen mehr Einsatzzeit und damit Perspektiven geben. Das erhöht nicht nur ihre Entwicklungschancen, sondern stärkt langfristig auch die internationale Konkurrenzfähigkeit.
Abgesehen von der SFL, welche europäische Liga verfolgst du gerne oder findest du besonders spannend?
Die italienische Serie A – ganz klar. Ich habe dort in meiner Jugend viel Zeit verbracht und daher eine besondere emotionale Verbindung. Daneben schaue ich auch oft nach Belgien, allerdings aus beruflichem Interesse. Belgien ist der Schweiz in vielem ähnlich – etwa bei der Einwohnerzahl oder der Mehrsprachigkeit – und war in den vergangenen Jahren sehr innovativ und erfolgreich. Deshalb haben wir den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Belgien und der Schweiz gezielt verstärkt. Am Ende machen nicht Strukturen oder Budgets den Unterschied, sondern die Menschen dahinter – innovative Köpfe, die mit Begeisterung vorangehen.
Was war dein persönliches SFL-Highlight der Saison 2024/25?
Sportlich war das ganz klar die Rückkehr von Xherdan Shaqiri. Er hat der Liga zusätzliche Strahlkraft verliehen – und mit seinen Leistungen, Toren und Assists einen echten Unterschied gemacht. Das war ein Gewinn für den gesamten Schweizer Fussball. Aus Organisationssicht war mein Highlight die Rückkehr zur Eigenvermarktung. Nach Jahren mit einem Agenturmodell haben wir die kommerzielle Verantwortung wieder selbst übernommen – ein mutiger Schritt, der sich gelohnt hat. Wir haben alle Sponsoringpakete erfolgreich vergeben und starke Partnerschaften aufgebaut. Darauf bin ich stolz, weil es zeigt, dass wir als Organisation und mit unserem Team auf der Geschäftsstelle in der Lage sind, uns stetig weiterzuentwickeln.
Ein Ausblick zum Schluss: Welche Themen und Herausforderungen werden dich als CEO der SFL während der Saison 2025/26 besonders beschäftigen?
Zwei Themen werden uns intensiv beschäftigen. Erstens die Förderung junger Schweizer Spieler – sie brauchen mehr Einsatzzeit, vor allem in der Challenge League. Im Projekt «NextGen Challenge League» arbeiten wir derzeit an konkreten Massnahmen, um genau das zu erreichen. Es braucht einen Mentalitätswechsel, und den wollen wir gemeinsam mit den Klubs anstossen. Zweitens die internationale Dimension: Die finanziellen Ungleichgewichte im europäischen Fussball nehmen weiter zu. Wenn die Einnahmen aus internationalen Medienrechten immer stärker konzentriert werden, fehlt das Geld in den nationalen Ligen – und damit in der Basis des Fussballs. Das gefährdet langfristig die gesamte Pyramide. Hier braucht es Lösungen, Kompromissbereitschaft und den Mut, das System weiterzudenken – national wie international.